Es ist Donnerstagnachmittag. Ich sitze am Flughafengate und schreibe diesen Post. Mit in meiner Handtasche: ein Maßband, eine fast leere Spule mit gelbem Obergarn und eine dunkelblaue Unterfadenspule. Ich habe keine Ahnung, wie sie dort hineingekommen sind. Offensichtlich möchten sie mitreisen. Es ist nicht das erste Mal, dass meine Nähutensilien heimlich in meine Tasche wandern, wenn ich nicht hinschaue. Sie begleiten mich gern.
Ich entdecke sie, als ich bei der Sicherheitskontrolle meinen Laptop samt Hülle aus meiner Tasche nehme. Ich möchte ihn in die dafür vorgesehene Box legen, die mir die Sicherheitsbeamtin gerade reicht. Dabei schummelt sich ein dunkelblauer Faden mit aus der Tasche, der sich wohl in den Zähnen des Reißverschlusses verheddert hat. Ich lege die noch durch den Faden mit dem Inhalt meiner Tasche verbundene Laptophülle in die Box. Es kommt noch ein 1,50 m langes Maßband zum Vorschein, das sich kunstvoll um das Garn verknotet hat und durch mein Ziehen nun fast in voller Länger aus der Tasche schaut. Als weiteres Highlight hängt noch ein unentwirrbarer weiterer Knoten aus gelbem dünnem Garn an dem dunkelblauen Faden. Ich ziehe weiter an beiden Fäden, in der Hoffnung, die Spulen könnten sich schnell entleeren. Leicht beschämt lächle ich die Sicherheitsdame an.
Sie übersieht routiniert mein bereits riesiges Garnknäuel, das ich ebenfalls in der Kiste ablege, und fragt mit rheinischer Melodie in der Stimme: „Können Sie den Laptop aus der Hülle nehmen?“ Ich öffne den Reißverschluss der Hülle und sehe, wie sich das Garn in den Zähnen verhakt. So schaffe ich es gerade mal, die Tasche ca. 15 cm zu öffnen, bevor der Reißverschluss komplett klemmt. In der Zwischenzeit hat es sich der gelbe Faden an meinem Ärmel gemütlich gemacht und mit jeder Bewegung ziehe ich noch mehr Garn aus der Tasche. Hinter mir steht eine Schlange mit gefühlt 800 Menschen, die mich dabei beobachten, wie ich hektisch mit einem Arm versuche, das gelbe Garn abzuschütteln und gleichzeitig den Laptop aus der klemmenden Hülle zu zerren. „Wann habe ich das letzte Mal eigentlich mit gelb genäht?“ Geschafft.
Ich greife noch schnell beherzt zu den Garnen, wickle sie nun bewusst um meine Hand und reiße die Fäden mit einem kräftigen Ruck ab. Triumphierend schaue ich zur Security-Dame. Sie sieht mich mit einer Mischung aus Gleichgültigkeit und einem Hauch Verachtung an und sagt im selben Singsangton wie zuvor: „Die Strickjacke bitte auch ausziehen“. Ich entledige mich meiner Strickjacke und schubse die Box sanft in Richtung Rollband. Dann laufe ich in den Ganzkörperscanner und bin ein Bisschen stolz darauf, dass ich meine Füße eigenständig auf die gelben Fußabdrücke lege und die Hände in die vorgeschriebene Position bringe, ohne dass mich ein weiterer Security-Mitarbeiter darauf hinweisen muss. Irgendwie bin ich gerade froh, dass ich keinen Back-Blog habe.
Fredi
So eine herrliche Geschichte 😀 Ich kenne das nur, dass ich überall, einfach ÜBERALL Fäden verteile. Gerne auch in Haushalten, die weit entfernt von meinem sind 😉
PS: der Titel ist super, hihi 😀
Selmin von Tweed & Greet
Ahaha, super:-) die Dinger kleben aber auch einfach überall?
Christine Naaß
Liebe Selmin,
ich finde Deine Geschichte wunderbar. Und ich bin mir ganz sicher, dass Du mit Deiner wundervollen Ausstrahlung dem ein oder anderen Wartenden ein Lächeln ins Gesicht gezaubert hast….
Gute Reise und herzliche Grüße aus Stuttgart
Christine
Selmin von Tweed & Greet
Danke liebe Christine, die Securitydame war zumindest resistent:-D
beswingtes Fräulein
Haha, eine wirklich süße Geschichte 🙂 Mir fallen ständig und aus verschiedensten Taschen Stoffstücke heraus, die ich irgendwann mal mitnahm, um dazu passende Teile zu kaufen. Unnötig zu erwähnen, dass ich sie nicht wieder aus der Tasche rausnehme, nachdem der Stoffladenbesuch vorbei ist. Also purzeln mir ständig Stoffstücke aus Jacken-, Rock- und Hosentaschen sobald ich auf der Suche nach Kleingeld bin und das sorgt am Supermarktlaufband für ähnliche Reaktionen wie bei der Securitydame 😉
Selmin von Tweed & Greet
Ahahaha, das ist auch gut:-) ich vergesse immer, meine Projekte einzustecken, wer weiß, was ich dann sonst noch so aus der Tasche fischen würde:-)
innenlebenkathrin
Oh Selmin, wie wunderbar zu lesen ist diese Geschichte! Klasse! und: ich bin auch stolz auf Dich! 😉 Liebste Grüße zu Dir in die tollste Stadt mit K! Kathrin :-*
Selmin von Tweed & Greet
Hehehe, Kathrin, danke:-)
Lee
Herrlich! Danke für den Lacher…Ich verteile auch Garn überall und habe immer welchen an mir rumhängen 🙂
Liebe Grüße,
Lee
Selmin von Tweed & Greet
🙂 das ist wohl unser Näherschicksal…hehehe
Goldengelchen
Hehe, ich habe mir das gerade bildlich vorgestellt 🙂 Danke für den Lacher!
Liebe Grüße, Denise
Selmin von Tweed & Greet
😀
Vivien
Was für eine tolle Geschichte. Ich habe mich gekringelt. 😉
Alles Liebe, Vivien
Selmin von Tweed & Greet
🙂 das freut mich sehr:-)
Kirsten
Hihi, wunderbar! Was man so nicht alles erleben kann! Zum Glück waren nicht noch irgendwelche Scheren o.ä. scharfe Gegenstände dabei 😉
Liebe Grüße, Kirsten
Selmin von Tweed & Greet
🙂 ja zum Glück:-)
Anne Görs
Danke für den Lacher zum Kaffee 😀 Sehr schöne Geschichte!
Selmin von Tweed & Greet
😀 Danke liebe Anne!
Fee von fairy likes...
Zum schreien, liebe Selmin! Du bringst mich auch im krankesten Zustand noch zum Lachen. Danke! :-*