Okay, auf dieses Projekt hab ich mich seit einem Jahr gefreut. Ich wusste noch nicht, was es wird, aber ich wusste, ich würde mitmachen. Bei der Community Challenge von The Refashioners 2016, organisiert von der wunderbaren Portia von makery.uk. Schon seit 2011 fordert sie mit der Refashioners-Aktion von ihr ausgewählte DIY-Blogger heraus, etwas Neues aus alten Kleidungsstücken zu kreieren. Ich folge ihr seit meinen Nähanfängen und sie ist für mich die Refashion Queen überhaupt. Bisher klickte ich mich immer voller Hochachtung durch die vielen fantastischen Beiträge der Teilnehmer. Seit letztem Jahr ist die Challenge offen für alle. Und in diesem Jahr traue ich mich mitzumachen. So!
Die Aufgabe: Alte Jeanshosen in eine neue tragbare Form zu bringen. Einfach großartig ist die Idee, so viel Inspiration für die Verlängerung des sonst eher kurzen Lebenszyklus von Jeanshosen zu schaffen. Stücke, die heutzutage eher schnell mal eben entsorgt und genauso schnell wieder ersetzt werden, weil sie verschlissen sind oder keinen zeitgemäßen Schnitt mehr haben. Im Akkord genäht von Menschen, die sich auch unsere günstigsten Jeanshosen niemals werden leisten können. Jeans ist für mich Sinnbild der Fast Fashion Industrie. Mit diesem Projekt kann man diesen Kreislauf, zumindest für sich, ein wenig entschleunigen.
Die Herausforderung ist aber auch ein risikoreiches Unterfangen. Denn die Gefahr, dass bei einer Refashion-Kreation mit Jeans so etwas wie der legendäre Britney Spears – Justin Timberlake Partnerlook entsteht, ist auch groß!
Die Rahmenbedingungen für mein Projekt waren damit für mich schnell geklärt: Ich wollte etwas Alltagstaugliches, an dem ich noch lange Spaß habe. Es sollte mit vielem kombinierbar sein und sich nahtlos in meine Garderobe einfügen. Es sollte so schlicht wie möglich, aber auch ein Hingucker werden. Und auf GAR KEINEN Fall sollte man auf den ersten Blick erkennen, was ich da eigentlich trage, nämlich ein Kleidungsstück, das eigentlich mal eine Jeanshose war. Ich warf einen kritischen Blick in meinen Kleiderschrank und entschied mich ziemlich schnell dafür, einen weiteren Sweater zu nähen. Mit dem herannahenden Herbst, ein Stück, auf das ich auf jeden Fall oft zurückgreifen würde.
Das Schnittmuster stand auch sehr schnell fest. Vor ein paar Wochen hatte ich mir bereits ein schlichtes weißes Sloan Sweatshirt von named genäht, den ich hier noch nicht gezeigt habe. Er hat eine tolle klare Silhouette und vor allem gefallen mir die Abnäher, die den Sweater hochwertiger machen.
Das Material beschaffte ich mir bei meinem Mann. Er hatte einen vorzeigbaren Stapel alter Jeanshosen in seinem Schrank, den er mir vermachte. Ich sortierte ihn noch einmal und verwendete drei Hosen, die von der Waschung her ähnlich aussahen und nicht zu steif waren.
Kopfzerbrechen machte mir die Mehrweite, die ich durch den nicht dehnbaren Jeansstoff zum Schnitt hinzufügen musste. Der Sweaterschnitt war bereits etwas lockerer geschnitten, war aber auf dehnbaren Stoff ausgerichtet. Ich hatte Sorge, dass ich mich später durch den dicken und festen Jeansstoff nicht mehr bewegen könnte. Nach einem kleinen Beratungsgespräch mit Jenny (danke!!) und einer Runde nachmessen, entschloss ich mich dafür, dass 1 cm Nahzugabe reichten. Und dass ich mit größter Wahrscheinlichkeit das Halsloch erweitern musste.
Ich schnitt das Schnittmuster so in Einzelteile zurecht, wie ich später die unterschiedlichen Stoffstücke anordnen wollte. Alle Schnitteile wurden zunächst mit einem sehr langen Stich geheftet, um erst einmal zu testen, ob der Sweater überhaupt passt. Das Zusammensetzen lief so routiniert ab, dass ich mich beim Nähen wohl etwas zu sehr in meine aktuelle Lieblingsserie Suits vertiefte. Ich setzte erst einen Ärmel ein und ärgerte mich beim zweiten ein wenig darüber, dass ich das Armloch wohl unsauber ausgeschnitten hatte, weil es leicht zu groß war. Ich schaffte es dennoch, ihn passend einzusetzen zu heften. Um daaaaaaann, einfach mal damit konfrontiert zu werden:
Ähem. Ich war froh, dass mich keiner beobachtete, denn ich kicherte in meinem Zimmer kopfschüttelnd vor mich hin und verschickte erst einmal eine Reihe Whatsapp Nachrichten, um diesen Moment zu teilen. Was man nicht im Kopf hat, hat man im Nahtauftrenner. Lalalala. Abgesehen von diesem kleinen kurzfristigen Gehirnausfall klappte alles andere glücklicherweise bestens. Bei den Bündchen entschied ich mich für richtigen Bündchenstoff in dunkelblau. Dabei achtete ich darauf, dass ich die Maße des Originalschnittes behielt, da es sich ja um elastischen Stoff handelte.
Sprechen wir nun über die kleinen Sashiko-Details, an denen ich mich erstmalig versucht habe. Auf diese minimalistische japanische Sticktechnik hab‘ ich schon seit längerem ein Auge geworfen und konnte mich am schlichten Jeansstoff nun etwas austoben. Auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, diese kleinen Flächen zu besticken hat gefühlt ewig gedauert. Entschleunigung pur. Deswegen war ich mir nicht wirklich böse, als ich feststellte, dass mir bereits die kleinen bestickten Abschnitte am Sweater super gefielen. So verwarf ich meinen ursprünglichen Plan, ihn großflächig mit der Stickerei zu versehen. Weniger ist doch mehr.
Ich bin super glücklich darüber, wie der Sweater geworden ist und dass er vor allem passt und Bewegungsfreiheit bietet. Klammheimlich freue ich mich auf die etwas kühleren Tage, wenn ich ihn einfach überziehen und rausgehen kann, kombiniert mit Rock und Strumpfhosen und einem kuscheligen Schal.
Aber heute erstmal, ohne Herbstlook, zusammen mit meinem geliebten Rock Rosari, ebenfalls einem Refashion Projekt aus einer Vintage Tischdecke, hello.
Dieses Projekt ist übrigens endlich der Startschuss für meine Herbstgarderobe. Als nächstes wartet mein K für die 12 Letters of Handmade Fashion. Der Schnitt liegt bereits im Drucker, der Stoff ist gewaschen, ich muss mich nur noch ransetzen. Habt ihr übrigens schon das Save the date auf meiner Facebook Seite entdeckt? Am 3. und 4.12.16 werden wir den Dezemberbuchstaben bei einem Meet & Sew gemeinsam in Berlin nähen! Ganz bald kommen alle Infos zum genauen Ort und den Tickets. Oooh ich freu mich!
Ihr Lieben, ich verabschiede mich in einen tollen Restsommertag und wünsche euch noch eine wunderbare Restwoche!
Liebste Grüße,
Eure Selmin
Pullover
Schnitt: Sloane Sweater von Named Clothing
Stoff : Stoffe aus drei alten Jeanshosen
Rock
Schnitt: Rock Rosarie von Pauline Alice
Stoff: Refashion aus einer Vintage Tischdecke
Verlinkungen:
The Refashioners 2016, DIY your Closet von kathastrophal und mein Feenstaub, RUMS
Fredi
Einfach wunderbar, liebe Selmin. Das Projekt an sich finde ich klasse, aus alten Jeans etwas richtig fashionableseses (whatever) zu nähen. Und dann zeigst du einen Sweater, den man genau so in einem Laden kaufen könnte. Einfach klasse und die Stickdetails sind nochmal ein Hingucker. Ich frag mich lediglich, wie bequem der Sweater zu tragen ist, da es sich ja eher um festes raues Material handelt.
Liebe Grüße, Fredi
Selmin von Tweed & Greet
Huhu liebe Fredi, vielen lieben Dank! Die Jeanshosen die ich verwendet hab, waren nicht so rau und ich kann mich damit erstaunlich gut bewegen, ich hatte ihn bereits an der Nordsee an:-) Liebste Grüße, Selmin
Bine
Liebe Selmin,
du hast immer so tolle Ideen, Wahnsinn! Jeans in Kombination mit der Stickerei – ein richtiges Fashion-Highlight! 🙂 🙂
Liebe Grüße
Bine
Selmin von Tweed & Greet
Danke liebe Bine!!
daisy.thingsarechanging
Liebe Selmin, Hut ab! So ein tolles Teil! Sieht unglaublich gut aus und steht dir wunderbar! Ich bin verliebt (und neidisch =) )
Das ist ein Projekt an das ich mich bis jetzt noch nicht getraut habe – ich hätte vermutet, dass Jeans für einen Pullover viel zu steif sind und nicht unbedingt angenehm zu tragen. Grundsätzlich schrecke ich davor zurück Schnitte die für elastische Stoffe ausgelegt sind aus nicht-dehnbaren Stoffen zu nähen (einfach 1cm mehr Nahtzugabe klingt allerdings ziemlich banal um das Problem zu lösen).
Waren das Strechjeans die du verwendet hast?
Liebe Grüße,
Fini
Selmin von Tweed & Greet
Hallo liebe Fini, es waren keine Stretchjeans. Ich habe Jeans genommen, die nicht zu steif ist. Beim Schnittmuster hab ich auch extra eins gewählt, mit dem ich schon genäht hab, damit ich ungefähr die Passform kenne. Und ich habe genau abgemessen und erst einmal geheftet. Bei meinem Schnitt und meinem Material hat 1 cm gereicht. Ich wusste auch nicht, was dabei herauskommt und hab’s einfach probiert. Das Material lag zu Hause und wurde nicht mehr getragen, wenn es schiefgegangen wäre, wäre das auch kein Weltuntergang gewesen;-) Aber es hat geklappt:-D Liebste Grüße, Selmin
Carolin
Wow, der ist echt soooo cool geworden! Steht Dir mega mäßig und ich mag die Umsetzung wirklich gern!
Liebste Grüße,
Carolin
Selmin von Tweed & Greet
Vielen lieben Dank liebe Carolin!!
diephotographin
Das sieht ja wirklich toll aus. Auf die Idee wäre ich nie gekommen, nähe aus alten Jeans meist Taschen 🙂
Wow!
Elsa
Wow! Wow! Wow! Der Pullover ist der Hammer! Am liebsten würde ich gleich alle Jeans bei uns im Haus zerschnippeln. Die Stickerei ist genial und passt perfekt dazu. Dass das ewig dauert, kann ich gut nachvollziehen. Ich habe mich vor kurzem auch mit Sashiko beschäftigt und ein kleines Täschchen bestickt. Sehr entspannend, aber auch sehr langwierig 🙂
Liebe Grüße
Elsa
Rebekka //Rheinherztelbe.de
Liebe Selmin, der Pullover ist wirklich toll geworden! Höchste Zeit also mal wieder alle Jeanshosen zu kontrollieren auf Tragbarkeit!
Ich musste so schmunzeln bei deinem kleinen Nähunfall – denn ich hab mal ne Kapuze bei Sweater falsch eingesetzt -so dass ich nur noch seitlich hätte rausgucken können! ??? ich hab so schallend gelacht damals…. Es ist noch heute DIE Geschichte im Nähkurs!
Ganz liebe Grüße,
Rebekka
Tanja
Huhu Selmin! Wowww…was du da gezaubert hast. Ein echt tolles Teil und es steht dir ausgezeichnet! 🙂
Melanie
Huhu! Wie toll ist das denn! Der Pulli ist der Hammer!
knittingtwitter
ganz grosses Kompliment!! liebe Grüsse aus der Schweiz, Christa
Tabea
Danke für das Foto von der kleinen Panne! Das werde ich mir jetzt immer ansehen, wenn bei mir mal wieder was beim Nähen schief läuft – denn wenn selbst jemandem wie dir sowas passiert, dann darf das einem Anfänger wie mir ja auch mal passieren 😉
Dein Sweater sieht spitze aus! Ich wäre nie auf die Idee gekommen, sowas aus Jeans zu nähen… aber bei meiner Hosengröße (34 und vorzugsweise Röhrenschnitt) muss ich wohl auch einige Jahre sammeln, denn ich kaufe eigentlich nicht mehr als 2 Hosen pro Jahr neu, weil die alten eben an den Beinen durchgerieben sind.
Die Stickerei ist wirklich gut geworden! Mehr davon braucht es einfach nicht und sie sind so ein schönes Detail!
Liebe Grüße
sewing à la carte
Your refashion is so well done. The sashiko stitching is such a nice detail. Well done,
Anne
Uuuh, dieser Pulli isst einfach nur schön! Ich hab mich nach diesem Post auch noch Ewigkeiten durch die Galerie von makery.uk geklickt. Unerhört, dass ich die Seite noch gar nicht kannte…
Selmin von Tweed & Greet
Danke liebe Anne, toller Blog, oder?
Anonymous
Gratulation, der Pulli ist superschön geworden! Schön, dass ich Dich via Makery entdeckt habe!
Selmin von Tweed & Greet
Vielen lieben Dank!!
Siebensachen
Die Bedenken, dass das Sweater zu steif wird, hätte ich auch gehabt. Aber das hast du ja weiter oben schon erklärt. Man muss ja auch bedenken, dass der Stoff einer häufig getragenen Jeans dünner und weicher geworden ist. Auf jeden Fall gefällt mir dein Sweater sehr, sehr gut, vor allem die Sashiko-Stockerei macht ihn so besonders.
LG
Siebensachen
Selmin von Tweed & Greet
Vielen lieben Dank! Genau, durch das viele Tragen ist der Pulli super tragbar geworden☺️ Liebste Grüße, Selmin
Sewniptuck
Totally awesome, I only wish I spoke German!! That sashiko is fan bloody tastic, which is Australian for ‚really great‘! Congratulations x
Selmin von Tweed & Greet
Thank you so much! Hugs and love to Australia!!
Lisa Poblenz (patternandbranch)
Congratulations on your Refashioners award, Selmin! Your sweater is fantastisch!
Bele
Herzlichen Glückwunsch! Bei so vielen fantastischen Teilnehmern erfolgreich zu sein ist eine tolle Sache, auf die du wirklich stolz sein kannst. Dein Beitrag war sehr inspirierend!
LG, Bele
Heike
Der Pullover ist der Knaller! Und dein Nähfehler hat mir Tränen vor Lachen beschert – danke dafür…
Bianca
Wow, ich bin gerade über deinen Denim Sweater gestolpert! Wunderschööön, vor allem mit den Stickereien. Steht dir phantastisch! Wie hast du die Nähte innen versäubert? Zusammen, die Nahtzugaben auseinander gebügelt oder innen nochmal gefüttert? Toller Blog, werd ich nun öfter mal reinschauen 🙂
Selmin von Tweed & Greet
Danke liebe Carolin! Ich hab die Nahtzugaben innen einfach gemeinsam versäubert!
eremita
M A N N !!!
(Und zum Nähunfall: vielleicht was für Leute, die gern den Kopf in den Sand stecken würden…?)
Anke Hedfeld
Liebe Selmin, Deinen Refashion-Sweate aus alten „Jeansbuxen“ (so sagt man das hier im Ruhrgebiet) finde ich richtig, richtig klasse. Ich habe ihn mir schon ganz oft angesehen, u.a. weil ich erwäge, selbst so etwas zu nähen. Ich hoffe, Du empfindest das nicht als Ideenklau, sondern als Kompliment. Eine Frage habe ich dazu: Hast Du die Bündchen aus Bündchenware genäht? Denn die sollten in meinen Augen ein wenig elastischer sein, oder? LG Anke
Selmin von Tweed & Greet
Hallo liebe Anke, danke für die netten Worte, da freue ich mich drüber! Ja, die Bündchen habe ich mit Bündchenware genäht. Viele liebe Grüße, Selmin