Meine Frau Jette. Schön warm und kuschelig aus Flanell haben wir zwei zwischen den Jahren mit dem Seewind gekämpft. Während ihr Röckchen kaum standhielt, hab‘ ich vergeblich versucht, meine Haare im Zaum zu halten und es dann aufgegeben. Manchmal muss man sich einfach dem kalten Wind hingeben. Windfrisuren beleben das eitle Ego und befreien den Kopf.
Von vorn sieht meine Frau Jette genauso aus, wie ich sie mir auch vorgestellt hatte. Locker geschnittenes Oberteil mit großflächig verlaufenden Karos, ohne Störung durch Abnäher oder andere Nähte. Dazu das flatternde kürzere Röckchen. Hinten trägt sie ein Geheimnis, das höchstwahrscheinlich meinem gemütlichen Gläschen Wein beim Zuschneiden und dem gleichzeitigen Besuch von Hedi näht’s virtueller Instagramweihnachtsfeier geschuldet ist.
Die Abrechnung folgte unmittelbar: Ich hatte beim Zuschneiden der Rockteile nämlich die Längsseite mit der Weite verwechselt. Multitasking war wohl nicht ihre erste Fremdsprache. Ich schnitt die Rockteile noch einmal zu, dadurch wurde aber mein Stoff zu knapp und auch die zweiten Rockteile musste ich schmaler zuschneiden. Mein Rock sollte am Ende nicht so viele Kräusel wie im Originaldesign bekommen. Das war aber nicht schlimm. Was viel bedeutender war: Ich hatte am Ende keinen Stoff mehr für das Rückenteil.
Kurze Zeit später erwischte mich mein Mann mit meinem Kopf in seinem Kleiderschrank. „Ziehst Du das Hemd noch an?“ „Ja. Aber schau mal hier.“ Er deutete auf einen kleinen Stapel fein zusammengelegter Hemden, die er extra für mich mal aussortiert hatte. „Oooh, danke! Ach cool, das hier passt super zu Frau Jette!“ „Zu wem?“ Zack, war ich schon wieder weg.
Ich verkuppelte bereits meine Frau Jette mit seinem Hemd. Traumpaar. Das er etwas kleinkarierter ist als sie, tut der Beziehung keinen Abbruch. Sie ergänzen sich perfekt. Was nun das Coole ist an meiner Frau Jette: Man kann die Rückseite nach vorne drehen und sie als Kleid mit Knopfleiste tragen. Das gibt noch mal einen anderen Stil. So trug ich an Weihnachten eine großflächig karierte Flanelljette und an Silvester war ich im Blusenlook unterwegs. Happy End.
Mit meiner Flanelljette hab‘ ich mir noch ein letztes Lieblingsstück des vergangenen Jahres geschaffen und nehme sie daher heute mit zum ersten Me made Mittwoch neuen Jahres.
Ihr Lieben, ich wünsche Euch einen tollen Tag und verabschiede mich mit den weisen Worten meiner Freundin Melanie: „Nähen und Wein, das lass‘ sein“.
Liebste Grüße,
Eure Selmin
Kleid
Schnitt: Frau Jette von Hedi näht
Stoff: Flanellstoff vom Stoffmarkt in Istanbul
Anika
Was für nen coole Geschichte… Deine Frau Jette gefällt mir.
Ich habe mit meiner auch Silvester gefeiert 🙂
Liebe Grüße
Anika
Susanne Dienstag
Sehr sympathisches Mißgeschick, : ).
Das nennst du jetzt halt Design; das Kleidchen ist jedenfalls entzückend. Und wenn du den Rücken mal verstecken möchtest, ziehst du einfach eine Jacke drüber.
LG von Susanne
Jenny
„Nähen und Wein, das lass sein“ – super! In der Ausbildung haben wir manchmal (für die gute Stimmung…) ein Glas Sekt getrunken. Und ich vertrag ja absolut keinen Alkohol und bin nach nem Schluck Glühwein betrunken. Das war lustig, passiert ist zum Glück nie was. Meine Chefin hats ja auch abgesegnet. 😀
Dein Kleid finde ich so sowieso interessanter! Gefällt mir sehr gut. Ich liebe deine Upcycling-Lösung.
Marie
Sieht nicht schlecht aus ,man kann nicht alles perfekt hin kriegen .Es war bestimmt ein schöner Abend mit Wein oder ??
Tanja / die fesche Lola
Grandiose Idee, wenn auch ungewollt angestossen. Ich mag solche Sachen mit Special-Effekt. Und die Geschichte dazu ist ja auch köstlich! LG, tanja
Ulla
Ziemlich cooles Teil, deine Frau Jette. Gerne hätte ich die Knopfleiste auch vorne an der Frau gesehen 😉
Herzlichst Ulla
Doro
So ist aus deiner Flanell-Frau-Jette ein ganz besonderes Kleid geworden – wunderbar, wenn Missgeschicke sich so toll „auflösen“!
Liebe Grüße von Doro
Ina
Das ist ja wieder zauberhaft geschrieben! Die Jette ist wunderbar geworden – was so ein gut bestückter Herrenhemden-Kleiderschrank und ein Gläschen ausmachen…Und die Windfrisur passt hervorragend zum gradlinigen Karo. Habe übrigens gestern den bestellten Cleo-Latzrock-Schnitt von Tilly bekommen und grüner Cordstoff liegt auch schon da – ich freue mich auf Nähzeit am Wochenende…
Liebe Grüße von Ina
verschiedenArt
Das ist ja eine herzallerliebste Geschichte um Deine absolut umwerfend schöne Jette!! 😀
Ich musste beim Lesen so lachen!
Die Lösung mit dem Hemd Deines Mannes ist genial und es passt als wäre es so gedacht gewesen!:D Dass Du das Kleid nun in beiden Richtungen trägst, finde ich den Oberknaller!!
Meinen Glücwunsch für die herrlisch schöne Jette – ein absolut verdienter Sieg zum Lieblingsstück 2016.
Liebe Grüße
Sandra
Tabea
Ach – Windfrisuren haben doch ihren Charme 😉 Über meinem Schreibtisch hängt auch ein Foto von mir, über das alle immer Lachen wegen der vom Winde verwehten Haare 😀
Also deine Frau Jette sieht echt zauberhaft aus! Und ich finde gerade den anderen Rückstoff als Kontrast supi – gut, dass dein Mann seine Hemden für dich zur Seite gelegt hat 🙂
Also wenn immer sowas kreativ-schönes raus kommt, wenn du trinkst und nähst, dann muss ich dir wohl mal eine Flasche Wein zum nächsten Weihnachtsfest senden 😉
Liebe Grüße
Bine
Liebe Selmin,
dein Text ist einfach nur herrlich!! [Und deine Jette steht dem in Nichts nach 🙂 ] Es macht einfach so viel Spaß, hier bei dir zu lesen – das Schmunzeln ist quasi garantiert 🙂
Liebe Grüße
Bine
Julia
Oh mein Gott habe ich diesen Beitrag gelesen und beschmunzelt, weil mir genau das gleiche neulich passierte mit meinem geupcyclten Blouson. Mein Missgeschick: Mit Weinglas an der Overlock. Und Zack hatte ich ein fettes Loch in den Rücken meines Zu entstehenden Blousons geschnitten. Auch kein Stoff mehr übrig und musste improvisieren. Hat aber geklappt. Wenn Du magst kannst Du es Dir auf meinem Blog ansehen.
Also ich bin dabei: Don’t drink and sew. (Wobei Kaffee auch nicht ungefährlich ist. Neulich fand ich eine Stecknadel auf dem Becherboden)
Liebe Grüße, Julia
Mandy
Großartig, mit den verschiedenen Karos vorn und hinten. Klasse. Ich liebe Knopfleisten hinten, habe es aber selber noch nie genäht. Viel Freude beim Tragen. LG Mandy
Yvonne
Eine unterhaltsame Geschichte, die mich schmunzelnd zurücklässt! Ganz ehrlich – das Gleiche hätte mir auch passieren können! Deine Lösung dieses Problemchens ist dir jedenfalls super gelungen!
Liebe Grüße, Yvonne
blaupause7
Nähen und Wein – oh nein! Genau so einen Bock hab ich mal auf der AnNäherung in Bielefeld geschossen, als ich gegen Mitternacht nach 2 Glas Rotwein hochbeflügelt noch schnell die Schulternähte nähen musste. Um am nächsten Morgen festzustellen – Mist, das war wohl nichts, jetzt hab ich die Stellen zugenäht, die für den Kragen eigentlich noch hätten offenbleiben müssen. So konnte nur noch der Nahttrenner helfen.
LG
Ulrike
Kirsten
Das ist ja ein supercooles Kleid!!!! Aus Fehlern werden doch immer richtig coole Sachen:o)
Glg Kirsten