Seitdem es in meinem Umfeld die große Runde gemacht hat, dass ich nähe, werde ich immer Mal wieder gefragt, ob ich nicht das eine oder andere Teil reparieren könnte. Bisher hatte ich das immer wieder abgewiesen, auch wenn einige bereit waren, dafür zu zahlen. Zu groß war meine Sorge, dass die Reparatur am Ende nicht gefällt. Ich finde es okay, wenn die Sachen bei mir nicht perfekt repariert sind, bin aber viel kritischer, wenn es darum geht, etwas für andere zu machen. Während ich bei Kleidungsstücken für mich einfach über ein paar schiefe Nähte hinwegschauen kann, sehe ich bei Arbeiten für andere auch schonmal Fehler, die gar nicht existieren.
Diese Sorge hat sich seit Anfang des Jahres etwas gelegt. Wenn ihr mir auf Instagram folgt, wisst ihr bereits, dass ich mit Laura zusammen an einem Onlinekurs zum Reparieren von Kleidung arbeiten und wir den Kurs „The Mended Closet“ nun endlich Anfang September launchen! Wir wollten bei dem Kurs auf jeden Fall an Kleidungsstücken arbeiten, die tatsächlich kaputt waren, statt zum Beispiel farblich abgestimmte neue Sachen zu kaufen, zu zerstören und anschließend wieder zu reparieren, nur damit es in ein bestimmtes Branding passt. Glaubt mir, ich hab‘ das alles schon erlebt.
Das bedeutete aber auch, so viele kaputte Kleidungsstücke wie möglich zu sammeln, die zu unserem Konzept passten. Also haben wir beide unsere Freundes- und Bekanntenkreise aktiviert. Diese Freunde mussten mir wiederum hoch und heilig versprechen, es mir nicht übel zu nehmen, wenn eine Reparatur mal nicht ihrer Vorstellung entsprach. Natürlich haben sich meine Freundinnen einfach über die Reparatur gefreut und darüber, dass sie das Kleidungsstück wieder tragen konnten. Und das ist auch genau der Punkt beim Kleidung reparieren: Sich einfach trauen, die schadhafte Stelle auszubessern, ohne Angst, etwas kaputt zu machen. Am Ende machen wir ein nicht tragbares Stück schließlich einfach wieder tragbar. Das einzige, das passieren kann ist, dass es weiterhin nicht tragbar bleibt. So!
Dieses Sommertop einer Freundin kam zu mir, nachdem die Arbeit am Onlinekurs schon fertiggestellt war. Meine Freundin wollte einfach um Rat fragen, was sie tun könnte, ich hab’s kurzerhand mitgenommen und mich an einem gemütlichen Sonntag Nachmittag auf der Couch einfach drangesetzt. Eine Nähmaschine hab ich nicht benutzt, ich repariere Kleidung gern mit der Hand, denn das gibt dem ganzen manchmal auch eine schöne meditative Langsamkeit. Ich war an diesem Tag so inspiriert, dass ich die Kamera draufgehalten hab, so dass ich euch die Entstehung auch einfach zeigen kann. Er soll einfach als Inspiration dienen.
Sommertop mit selbstgemachtem Flicken repariert – So bin ich vorgegangen
Das Top hatte an den oberen Kanten Risse im Stoff, da das Material bereits ziemlich mitgenommen war. Und auch die Kanten am Rückenausschnitt waren teilweise aufgeribbelt. Bei einem Lieblingstop das viel getragen wird, irgendwann kein Wunder. Ich hab aus einer alten leichten Jeansbluse, die nicht mehr zu retten war, zwei Rechtecke zugeschnitten, die etwas größer waren als der Riss und als Flicken verwendet. Das Material und die Farbe waren ähnlich, damit die Flicken so harmonisch wie möglich wirkten.
Material:
- Farblich passendes Stickgarn
- rechteckig zugeschnittener Flickenstoff mit ähnlicher Beschaffenheit und Farbe wie das zu reparierende Stück: ca. insgesamt 1 cm größer als das Loch und doppelt so hoch, plus 1 cm Nahtzugabe rundherum
- Dünne Handnähnadel
- Schere
- Geodreieck und Stift zum Zuschneiden des Flickens
- Bei beiden Flicken habe ich die Nahtzugabe scharf auf die linke Stoffseite gebügelt.
2. Die Flicken hab ich in der Mitte links auf links umgeschlagen und eine scharfe Kante eingebügelt. Sie haben dann das Top am Rückenausschnitt oben an der Kante später quasi eingefasst.
3. Auf der linken Stoffseite des Tops wurde der Flicken zunächst so aufgesteckt, dass er den Riss vollkommen bedeckt. Die Umbruchkante des Flickens lag genau auf der Rückenausschnittkante des Tops.
4. Dann habe von der rechten Stoffseite des Tops, mit groben Stichen den Riss zunächst geflickt und mit dem Flicken verbunden. Ich hab einen Staffierstich verwendet, mit dem ich die Kanten des Risses mit einem Staffierstich geflickt. Ich habe links oben über dem Riss als Anfangspunkt eingestochen, bin dann leicht schräg nach unten links unter den Riss, habe dort wieder oben schräg in den Stoff gestochen und habe habe mich so durch den Riss gearbeitet und dabei den Flicken mit dem Stoff verbunden.
5. Von der linken Stoffseite des Tops konnte man die Stiche sehen. Was ich insgesamt nicht schlimm finde, da dieser Teil ja innen liegt. Danach habe ich den Flicken auf dieser Seite rundherum knappkantig mit einem Vorstich/Stepptich angenäht.
6. Danach wurde der Flicken umgeklappt und nun diese Seite knappkantig mit einem geraden Vorstich rundherum angenäht. Danach noch einmal alles schon gebügelt, fertig! Die aufgeribbelten Kanten hab ich mit dem Garn rundherum umwickelt. Da es die gleiche Farbe wie der gehäkelte Teil hatte, fand ich das einen hübschen Übergang.
7. Ich freue mich einfach, dass ich das Stück auf diese Weise retten konnte und hoffe sehr, dass meine Freundin noch viel Spaß an ihrem Oberteil haben wird!
Ich habe mich für diese Möglichkeit des Reparierens entschieden, hätte aber noch viele andere Techniken hier anwenden können: Einen Flicken häkeln und aufnähen, den Riss besticken, im Sashiko Stil flicken, mit Kettenstichen flicken oder einfach schöne gekaufte Flicken aufbügeln. Das schöne am Reparieren ist einfach: Es gibt nicht DIE eine Technik, die ihr perfekt beherrschen müsst. Ihr könnt euch ausprobieren und so Stück für Stück die Kunst des Reparierens für euch entdecken!
In unserem Onlinekurs The Mended Closet möchten wir euch genau so an die Reparatur von Kleidung annähern. In 6 Lektionen und 55 Videos werden wir euch Schritt-für-Schritt an echten Reparaturfällen die von uns angewandten Techniken und Stiche genau zeigen. Gerne könnt ihr euch auf unserer Startseite alle wichtigen Infos zum Onlinekurs anschauen und euch schon einmal zum Newsletter dort anmelden. Dann werdet ihr als eine der ersten benachrichtigt. Wir freuen uns auch, wenn ihr uns bis dahin auf auf unserem Instagramaccount @themendedcloset folgt, dort werden wir in regelmäßigen Abständen Tipps und Tricks rund ums Reparieren von Kleidung posten.
Ich bin schon ziemlich gespannt, wie unser Kurs bei euch ankommen wird und freue mich sehr, dass er inzwischen Form annimmt. Laura pflegt seit Wochen die Videos fleißig ein und so langsam wird unser abstrakter Kurs, der bisher immer nur in der Theorie existierte zu einer richtig schön runden Sache!
Natürlich bekommt ihr auch hier direkt Bescheid, wenn es losgeht! Jetzt heißt es für mich erst einmal Urlaub machen, denn wenn ihr diesen Text hier lest, werde ich irgendwo zwischen Schottland und Nordirland sein und entspannen!
Bis bald!
Eure Selmin
Ilka
Schön! Bei den Bildern habe ich die Häkelnadel schon im Anschlag, so schwer kann das Muster doch nicht sein. Und ja, wäre sehr schade drum, wenn du das nicht repariert hättest.
Viele Grüße
Ilka