Habe wirklich ICH vor zwei Jahren mal einen Blogpost über „Weniger Perfekt und mehr Cool“ an der Nähmaschine geschrieben? Bei der Erstellung dieses Streifenkleides, dem Honeycomb Dress (gesprochen: Hannicoum Dräss, repeat after me everybody!) von CocoWawa Crafts, blieb ich zwar schon ziemlich cool, aber der Perfektionismus triefte mir regelrecht aus allen Poren. Diese Streifen haben eine kleine detailversessene Pedantin aus mir gemacht. Am Ende nähte ich sogar den Saum per Hand. Aber beginnen wir von vorn.
Bereits im März fragte mich Ana von CoCoWawa Crafts, ob ich Lust hätte, an ihrer Blogtour für das Honeycomb Dress teilzunehmen. Ich finde Ana sehr, sehr sympathisch und sagte zu, noch bevor ich wusste, wie das Kleid aussehen wird. Den ganzen Sommer über begegneten mir online viele schöne Fassungen des Kleides, wie hier von Sew Dainty oder Isabela Stephan. Und doch fragte ich mich immer mal wieder, ob es mit seinen verspielten Schleifendetails und dem mädchenhaften Look zu mir passen würde. Zwischendurch malte ich mir immer wieder eine herbstliche Version aus. Aus Jeans vielleicht? Oder aus Cord? Vielleicht doch mit kleinen Rüschen in den Teilungsnähten? Als ich die Streifenversion von Maria von A Stitching Odyssey entdeckte, wurde mal wieder meine Streifensucht getriggert. Allerdings wollte ich im November wirklich ein Kleid haben, dass sich für die kalte Jahreszeit eignete. Bisher waren mir Streifenstoffe immer nur mit dünneren Viskosestoffen begegnet. Bei Stoff und Stil fiel mir dann diese etwas schwerere Viskose-Baumwollmischung in die Hände. Meine Vision für meine gestreifte Honeycomb-Version vollendete sich. Und dann kam der Herbst und mein Projekt nahm Form an.
Wenn ich Streifen zuschneide, achte ich schon immer peinlich genau darauf, dass die Linien später exakt passen. Da die Streifen im richtigen Fadenlauf eigentlich horizontal liegen, schnitt ich alle Schnittteile gegen den Fadenlauf zu, so dass die Streifen senkrecht positioniert waren. Die Schnittteile für das Vorderteil schnitt ich im schrägen Fadenlauf zu und wollte, dass die Streifen am Ende an der Knopfleiste ein Zackenmuster bilden. Ich hätte die Ränder nach dem Zuschneiden mit einem Geradstich stabilisieren sollen, denn durch den schrägen Fadenlauf war der Stoff dehnbarer und verzog sich an dieser Stelle sehr schnell. So führte das dazu, dass das gewünschte Muster nur dann erschien, wenn ich die Schnitteile versetzt auf einander legte. Aber dann passten die Ecken des Halsloches und der Taille nicht aufeinander. Dadurch hätte ich auf alle Fälle etwas vom Kragen wegschneiden und das Halsloch leicht vergrößern müssen. No way. Also heftete ich die Teile in der Mitte aneinander, mit genug Zugabe für eine eigene Knopfleistenbreite und so dass sie trotzdem das Zackenmuster ergaben. Ich kann die Entstehung selbst nicht mehr richtig erklären, nur, dass es am Ende funktioniert hat. Auf Instagram habe ich übrigens den ganzen Prozess des Kleides mal mitgefilmt, auch den Versuch, die Linien exakt übereinander passen zu lassen. Einfach die Story Honeycomb dress in den Highlights suchen.
Trotz oder vielleicht gerade wegen dieser extra-Streifen Herausforderung habe ich die Erstellung dieses Kleides richtig genossen. Schön war es, intensiv Zeit in ein Nähprojekt zu stecken, damit alles passt. Allein mit der Knopfauswahl und dem Suchen einer schönen Sticheinstellung für das Knopfloch, die nicht zu dick, zu klein oder zu lang ist, habe ich fast zwei Stunden verbracht. Spätestens als ich am Ende meine Hand dabei beobachtete, wie sie den Saum mit der Handnähnadel nähte, musste ich mir zugestehen, dass ich manchmal schon eine ziemliche Perfektionistin bin.
An einer Stelle musste ich mich allerdings doch geschlagen geben. Den richtigen Nähnerds unter Euch ist es natürlich schon längst aufgefallen. Na? Genau! Die Knopfleiste schließt von links. Und nicht, wie es sonst bei Damenbekleidung üblich ist, von rechts. Uuuuh! Diesen einen Tod musste ich sterben, denn die Streifen passten durch die Verzerrung nur noch von dieser Seite aufeinander. Sonst hätte ich das Halsloch am Ende doch wieder ändern müssen. Ich beschloss also, einfach auf die Einhaltung dieser Regelung zu verzichten. Ha, da war sie ja doch wieder, die kleine Nährebellin in mir!
Die Ärmel habe ich mit einem Aufschlag versehen, statt mit einer der beiden vorgesehenen Versionen, eingeschlagener Saum oder Schleifchen am Ärmel. Wer meine Blusenblogposts kennt, weiß, dass ich es mag, wenn die Ärmel etwas kürzer vor dem Handgelenk enden. Das Kleid kommt übrigens in 4 Versionen daher: Mit langen und kurzen Ärmeln sowie Ärmellos oder als Bluse mit und ohne Ärmel und mit kleinem Schößchen. Es ist ein gutes Stück für erfahrene Nähanfänger, die sich mit einem ersten Kragen und einer Blusenpasse herausfordern möchten. Die Anleitung dafür ist detailliert auf englisch beschrieben und illustriert. Außerdem hat sich Ana in einem ausführlichen SewAlong allen Herausforderungen gewidmet. Das Kleid ist etwas lockerer geschnitten, durch die Bindebändchen in der Taille bekommt es seine taillierte Form. Vor dem Zuschneiden habe ich am Schnitt direkt noch einmal nachgemessen und mich für eine Größe kleiner entschieden.
Ich bin wirklich sehr froh darüber, dass mich Ana gefragt hat, ob ich Lust hätte ihren schönen Schnitt zu nähen. So habe ich mein Beuteschema zwar verlassen, aber der lockere Schnitt macht es zu einem lässigen Stück, das ich nicht nur mit meinen höheren Ankle Boots sondern auch toll mit Sneakers tragen kann. Das Kleid hat mich in der kurzen Zeit seit Fertigstellung vor zwei Wochen bereits mehrmals begleitet. Ich liebe es auch sehr, ihn mit einem schwarzen Pullover darüber zu tragen und nur den Rock rausgucken zu lassen. Vor allem begeistern mich die einfachen großen Seitentaschen, die das Kleid noch einmal besonders legér machen. Ich könnte mir auch gut vorstellen, es an besonders kalten Tagen einfach mit einem schwarzen Rolli drunter zu tragen. Und an ganz kalten Tagen, mit einem Rolli drunter und einem anderen Rolli drüber. Es ist einfach eine wunderbare Bereicherung in meinem Kleiderschrank und ich freue mich schon jetzt auf die vielen anderen Versionen, die ich online hoffentlich noch entdecken werde. Thank you Ana and very well done!
Hello.
Alle Fotos: Antonia Schmitz von Craftifair, vielen Dank für den tollen Nachmittag liebe Antonia!
Kleid
Schnitt: Honeycomb Dress von CocoWawa Crafts, der Schnitt wurde mir von der Designerin Ana kostenlos zur Verfügung gestellt
Stoff: Gewebte Viskose Navy von Stoff und Stil
Susann
Liebe Selina,
hach wieder wunderbar geschrieben! Da hast du dir wieder ein wunderbares Teilchen gezaubert! Die Farben, die Streifen, der Verlauf der Streifen – das alles ist super geworden?
Ich liebe Streifen! Meine Töchter auch. Da war neulich der Wunsch meiner Kleinen nach einem gestreiften Pulli… Ähm, ich habe das Hinterteil nochmal zugeschnitten ? Die Streifen haben zwar gepasst, aber es war nicht der korrekte Farbverlauf ???
Das konnte ich nicht so lassen. Nur mal so viel zum Thema Perfektionismus und so.
Ich sehe mich so in deinem Beitrag. Ich habe ein wissendes Schmunzeln im Gesicht gehabt und der Gedanke „du bist nicht allein“ war eine sehr schöne Begleiterscheinung beim Lesen ?
Vielen Dank für deine inspirierenden Blogbeiträge, deine wunderbare Art Themen zu (be- )schreiben und diese herrlichen Anekdoten, auch wenn mal nicht alles so glatt läuft. Mach weiter so!
Ganz liebe Grüße Susann
Selmin von Tweed & Greet
Liebe Susann, herzlichen Dank für die netten Worte! Ich sag es Dir, Streifen gehören für Perfektionisten eigentlich verboten…hihi…ich freue mich, dass Du Dich im Text wiederentdecken konntest und nein, wir sind meistens nicht allein mit unseren Nähnerdgedanken, da draußen ist immer eine, die gerade das gleiche verzapft:-) Liebste Grüße, Selmin
Susann
Ahhhhhh! Diese schreckliche Autokorrektur!?
Es soll doch heißen: Liebe Selmin!
Entschuldigung! Der Fehler darf gerne korrigiert werden…
Liebe Grüße Susann
Selmin von Tweed & Greet
Ach ja, die gute Autokorrektur, alles gut:-)