Aaah, ich habe ein neues Flanellhemd. Nachdem mein altes Lieblingsteil ja leider das Zeitliche gesegnet hatte und dank einer Refashion nun doch noch eine Zeit unter uns verweilen darf, freue ich mich, dass ich auch noch einen Nachfolger finden konnte. Das beste daran: Es wurde selbstgemacht, mit viel Herzblut und Schweißperlen auf der Stirn oder wie der Kölner sagen würde: mit viel Angaschmong.
Den Stoff fand ich im Herbst auf dem holländischen Stoffmarkt am Mediapark. Ganz durch Zufall sah ich, in einem chaotischen Stapel bunter Stoffe, einen Zipfel dieses strahlenden, orangekarierten Flanellstoffes. Ich griff flink danach, breitete es vor mir mit beiden Armen aus und dachte: Das wird ein Hemd. Kennt Ihr das? Wenn der Stoff quasi zu Euch spricht und euch genau sagt, was Ihr aus ihm machen könnt? Ich habe dann in dem Moment schon eine genaue Vorstellung von dem Endergebnis. Manchmal stimmt diese Vorstellung zwar NICHT mit dem tatsächlichen Ergebnis überein, aber nun gut. Zurück zur Szene auf dem Stoffmarkt: Ich sprach meinen Gedanken, dass es ein Hemd wird, laut zu meiner Freundin aus. Eine Dame, die neben uns stand, schmunzelte über meinen Satz und warf mir zu: „Ach, so ein Hemd ist aber sehr kompliziert.“ Ppff!…Ich bin doch kein Anfänger, so schwer konnte es ja wohl nicht sein!!
Ähem…mein Hochmut lehrte mich verschiedene Lektionen.
Ich legte also los. Den richtigen Schnitt fand ich in der Burda 10/2013 (Modell 113 B).
Na, das war doch schon die halbe Miete! Flux kopiert und zugeschnitten, mal mehr mal weniger sauber. Dann fingen die Wehwehchen an.
Ich verzweifelte leider ein bisschen an den Anleitungen der Burda. Ich sollte irgendetwas mit den Passen machen. Nach langem hin und her Grübeln, machte ich einfach irgendwas.
Meine Nähkursleiterin, die sich die das Hemd später anschaute, kommentierte meine Nähtechnik im Passenbereich als „sehr interessant“. Sie erklärte mir dann auch, dass die Burda dort beschreibt, wie man eine Kappnaht erstellt. Achso. Dabei werden die Nahtzugaben von zwei Teilen jeweils so ineinander geschlagen und vernäht, damit sie nicht ausfransen und man später keine Versäuberungsränder sieht. Wenn man sich auf links gedrehte Hemden genauer ansieht, sieht es im Passenbereich tatsächlich immer sehr sauber aus. Klar, als Konsumentin weiß ich das. Daran hatte ich als Produzentin aber nicht gedacht.
Was habe ich noch gelernt? Stoff kann beim Nähen ausleiern. Und sich beim Bügeln verziehen. Meine Kragenweite war plötzlich zu weit für den Steg, so dass wir den Ausschnittbereich einreihen mussten. Hinten am Rücken bauten wir zusätzlich eine Kellerfalte ein, damit sich die Weite noch mehr verringert.
Sauber schneiden ist das A und O! Weil ich meinen Steg so unsauber geschnitten hatte, mussten wir die Steghöhe um die Hälfte reduzieren, so dass er nun nur ca. 1 cm breit ist. Im Nachhinein finde ich es nicht mehr so schlimm, aber ich liebe Hemden mit hohem Steg.
Dann die Knopflöcher!! Regel Nr. 1: Wenn Ihr Knopflöcher annäht, konzentriert Euch! Ich musste zig Knopflöcher auftrennen, weil ich bei den Abständen geträumt hatte oder die Knopflöcher plötzlich horizontal waren anstatt vertikal. Beim Auftrennen von Knopflöchern, bleiben leider unschöne Linien, weil die Maschine die Grundlinie mit einem sehr engen Stich näht. Das bekam ich nicht mehr aus dem Stoff.
Bäh…
Am Ende habe ich insgesamt fast 15 Stunden für das Hemd gebraucht. Und ja, die Dame vom Stoffmarkt hatte Recht: Ein Hemd zu nähen ist schwer. Aber nicht unmöglich! Es war jedenfalls nicht mein letztes Hemd. Das nächste Mal brauche ich nur noch 10 Stunden und dann gibts auch richtige Kappnähte, so!
Jetzt aber mal das Resultat am lebenden Objekt. hello!
Der Beitrag „Flanellhemd gut, alles gut“ erschien zuerst auf www.tweedandgreet.de.
melanie
‚Damals‘ sagte man ja noch Holzfäller-Hemd… aber das Wort passt überhaupt nicht zu deinem neuem Flanellhemd! I love it!