– „Oh, habt ihr den Toto denn gar nicht mehr?“
– „Doch, doch…er kommt nur nicht mehr gut mit den anderen mit, wir gehen jetzt immer getrennt mit ihm.“
– “ Achso?“
– „Ja, das ist wirklich besser für ihn. Er hat echt ziemlich abgebaut in den letzten Monaten. Man merkt schon, dass er jetzt alt ist.“
– „Hmm, ach Mensch. Wollt ihr ihn denn noch behalten?“
– „Naja, er ist halt noch zufrieden, interessiert sich für die anderen und für uns und freut sich, wenn’s was zu fressen gibt. Ja klar wollen wir ihn behalten, wir passen uns einfach ein bisschen an. (…)“
„Wollt ihr ihn denn noch behalten?“
Während wir an den beiden Hunderhalterinnen vorbeilaufen, hallt die Frage aus der mitgehörten Unterhaltung in meinem Kopf nach. Ich schau‘ herunter auf dich, Mäxchen. Die 15 Jahre deines Lebens haben ihre Spuren bei dir hinterlassen: Alles was in deinem Gesicht früher hellbraun war, ist mittlerweile weiß. Jetzt im Alter sieht du wirklich richtig aus, wie ein langgezogener Husky mit kurzen Beinen. Auf deinen früher muskulösen Hinterschenkeln macht sich immer mehr die Arthrose breit. Die Hüftdysplasie macht dir mit deinem langen Rücken auch immer wieder zu schaffen. Seit ein paar Monaten funktioniert auch dein Köpfchen nicht mehr richtig. In sehr guten Nächten schläfst du durch, in guten wirst du einmal nachts wach und wechselst den Platz. An schlechten Nächten wachst du nachts ungefähr viermal auf, scharrst und möchtest gestreichelt werden. An sehr schlechten Nächten werden wir wach vom Plätschern der Pfütze, die du im Raum hinterlässt. Du hörst nicht mehr gut und bist manchmal ganz überrascht, wenn ich plötzlich neben dir stehe. Kommandos funktionieren fast nur noch über Zeichensprache. An richtig guten Tagen springst du zu mir auf die Couch, an schlechten stehst du davor, legst den Kopf auf die Sitzflächen und schaust mich an. „Hol mich rauf“ heißt das. Ich hol dich rauf. Wir verstehen uns.
„Wollt ihr ihn denn noch behalten?“
Dein Appetit ist ungebrochen, der Sprint zum Fressnapf nach dem Spaziergang voller Kawumm, immer noch so wie vor fast zehn Jahren, als du zu uns kamst. Triffst du deine Lieblingshunde draußen, läufst du freudig auf sie zu und wuselt dich durch die Hundegruppen. Manchmal tobst du so viel, dass du danach ganz außer Atem bist. Zwischen deiner fortschreitenden Gebrechlichkeit steckt immer noch der alte energiegeladene Hund. Nur nicht mehr so ausdauernd wie früher und ein bisschen wackliger. Aber die Liebe und Hartnäckigkeit mit der du am Leben festhältst ist voll da.
Für Wege, die früher eine halbe Stunde dauerten, brauchen wir nun doppelt so lang. Wenn ich den Lieblingsweg verkürzen möchte, bleibst du ganz ungläubig stehen. Stehst einfach da und schaust mich an. Ich bring’s nicht über’s Herz, dir deinen Weg zu vergönnen. Dann setz‘ ich mich halt eine halbe Stunde später an den Schreibtisch und genieße jetzt noch die klaren Gedanken, die mir unser Spaziergang schenkt.
Du forderst ein, wenn du gestreichelt werden möchtest. Und gehst wieder, wenn dir etwas zu viel wird. Du sorgst dich nicht um deine Nierenwerte oder Arthrose oder wieviele Tage dir noch bleiben – oder ob die Hunde auf die du zurennst viel fitter sind als du. Du lebst einfach in den Tag hinein und genießt den Moment. Manchmal denk ich, wir Menschen können uns noch ganz viel vor dir abgucken.
„Wollt ihr ihn denn noch behalten?“
So gern hätte ich dich mal als Welpen gesehen. Wie oft hab ich online nach Fotos von Husky-Dackel-Welpen gesucht, nur um mir eine Vorstellung davon machen zu können, wie annähernd süß du gewesen sein musst, mit deinen kurzen Beinen und deinen riesigen Ohren. Umso größer ist für mich die Ehre, dich nun beim Altern zu begleiten, mit all den Umstellungen und Veränderungen, die damit einhergehen.
Ich schau dich an und denke daran, wieviel du uns in den letzten Jahren gegeben hast: Fröhlichkeit, Liebe, Treue. Du hast uns Freude und Trost geschenkt, gespürt, wenn es uns mal nicht gut ging. Du hast dich völlig angepasst an das Leben mit diesen dir zwei fremden Menschen, hast uns voll vertraut. Wir sind ein Rudel. Mehr als sonst hast du jetzt das Recht darauf, dass wir unser Leben an deine Langsamkeit anpassen. Du hast ein Recht auf unsere Liebe und Treue. Wir gaben dir das Versprechen, dein ganzes Leben für dich da zu sein. Uns um dich zu kümmern, wie um jedes andere Familienmitglied. Du kannst dir sicher sein, dass wir auf dich achten und dir dein Leben lebenswert machen – solange DU bleiben willst.
Deine Selmin
Amaia
Wunderschoenes Liebeserklaerung an euren tollen Max. Ich habe Traenen an den Augen.
Selmin Ermis-Krohs
Danke meine Liebe! Schicke dir Drücker!
Jutta
Manno, das hat mir echt ins Herz geschnitten. Wer würde denn so etwas sagen? Wie grausam und gedankenlos. Mäxchen geht es gut, er ist nur alt. Wir mussten unseren Hund erlösen, weil er unerträgliche Schmerzen hatte, aber daran knabbere ich heute, nach über 10 Jahren immer noch. Ich wünsche euch und Mäxchen noch sehr viele Spaziergänge und Knuddeleinheiten auf dem Sofa. Und wenn mal was daneben geht… na und… es gibt so unendlich viel Wichtigeres! Ich drück euch, eure Jutta
Selmin Ermis-Krohs
Liebe Jutta, danke für deinen lieben Kommentar und die lieben Wünsche! Ich drück zurück!
Eggelnpöhler Annette
Liebe Selim, dass nennt man grenzenlose Liebe❤️❤️❤️❤️❤️❤️!
Mäxchen hat so ein Glück bei euch zu sein. Er darf jetzt langsamer und weiser sein. Es gibt uns die Gelegenheit runter zu kommen und die gemeinsame Zeit zu genießen. Ich wünsche euch gaaanz viele gute Tage. Einen dicken Knubbler an Max von „Omi“ Kira und mir🌻
Selmin Ermis-Krohs
Danke liebe Annette, Drücker zurück an dich und „Omi“!
Ani Lorak
Liebe Selmin,
Die Frage verstehe ich nicht so recht, die Dir gestellt wurde?! Ich habe nie ein Haustier besessen, aber wenn dann bleibt es bis zum Ende. Ich kann mir nicht vorstellen, dass man das Tier weggeht, einschläfern, weill es anstrengend ist. Das Einschläfern finde ich eh furchtbar, könnte es mir nicht do recht vorstellen. 15 Jahre sind eine so lange Zeit, die geht mN zu Ende ich hoffe, dass Eurem Hund schöne schmerzfrei Stunden vergönnt sind. Die Liebe zu Eurem Hund spürt man sehr. Abschied gehört dazu, aber doch nicht einfach so. Das glaube ich, dass Ihr ihn gern jung erlebt hättet. Ein schönes Tier! Alles Liebe und Gute
Selmin Ermis-Krohs
Liebe Ani, die Frage wurde nicht mir gestellt, sie wurde der Hundehalterin gestellt, an der ich während meiner Gassirunde vorbeilief. Und sie hat mich zu diesen Gedanken inspiriert. Danke für deine lieben Worte. Liebe Grüße, Selmin
Katja
Liebe Selmin,
wie schön der Brief ist. Vielen Dank dafür. er hat mich sehr berührt. Ich finde mich in so vielen Punkten wieder: im Oktober mussten wir unseren alten Hund einschläfern lasse, der auch fast 15 Jahre alt war. Zum Schluss war es auch so wie bei euch: wir mussten nachts aufstehen, um ihn rauszulassen, er hat nicht mehr gut gehört und war sehr langsam. Aber er war so ein würdevoller alter Herr und ich vermisse ihn total. Und genauso habe ich oft gedacht, dass ich gerne gewusst hätte, wie er als Welpe ausgesehen hat-wir haben ihn nämlich auch erst bekommen, als er zwei war. Euch noch eine wunderschöne gemeinsame Zeit.
Liebe Grüße von Katja
Muriel
Was für eine schöne Liebeserklärung ❤️ Ich wünsche euch dreien noch eine wunderschöne Zeit mit möglichst wenigen Tierarztbesuchen und der oft damit verbundenen Sorgen.
Lieber Gruß von mir und meinem Rentnerkater
Moni
Ganz viel Liebe für euch drei! <3
Vanessa Meier
Liebe Selmin! Ein sehr schöner Brief. Meine Hunde Emilio (gestern genau 15 Jahre und drei Monate alt) und Lulu (12) (beide Tibet Terrier) sind auch mein Ein und Alles. Und ich genieße jeden Tag mit ihnen! Respektiert aber nicht jeder. Ganz liebe Grüße von Vanessa, Emilio und Lulu! Und hoffentlich noch eine sehr schöne und vor allen Dingen lange gemeinsame Zeit mit Deinem süßen Hunde-Schatz!