Es war irgendwann im Juni, als ich unsere tolle Schnittduett Fotografin und mittlerweile Freundin, Monika Tambour anschrieb, ob sie Business Fotos von mir machen könnte. Das Ende von Schnittduett stand schon einige Zeit fest und ich hatte eine grobe Vorstellung davon, wie ich danach weitermachen wollte. Auch die Idee für eine Website stand. Ich war ganz guter Dinge.

Neues Jahr, neue Wege Tweed & Greet

Monika schickte mir die großartig gewordenen Fotos und ich setzte voller Elan eine Website auf, die ich perfekt fand für das Angebot, das ich bieten konnte. Und dann betrachtete ich das ganze nochmal mit Abstand. Und fühlte nichts. Keine Aufregung, kein Bauchkribbeln, keine Vorfreude. Es war, als hätte ich die Website für eine fremde Person gemacht, die mich gar nicht interessiert. Es hatte sich gut angefühlt, einen Plan zu haben. Aber dieser Plan war nicht das, was ich wollte. Ich hatte mir nicht richtig zugehört.

Etwa zur gleichen Zeit suchte ein Unternehmen, dessen Produkte ich sehr gerne mag, eine neue Mitarbeiter*in. Ich aktualisierte meine Bewerbungsunterlagen, war dabei selbst überrascht, was ich die letzten Jahre schon alles geleistet hatte, bewarb mich und führte kurze Zeit später ein super nettes Gespräch. Der Gedanke daran, wieder in einem Team zu arbeiten und beruflich nicht mehr nur als Einzelgängerin zu agieren, entspannte mich. Gleichzeitig fühlte ich ein Gefühl der Bedrücktheit: Ich wusste, dass ich nach Max’ Tod wieder einen Hund haben wollte, aber auch wieviel Arbeit das bedeutet. Ich wollte auch weiterhin flexibel arbeiten und mich um einen Hund kümmern können.

Neues Jahr, neue Wege Tweed & Greet

Wir fuhren in den Urlaub nach Schottland. Auf der Fähre bekam ich eine Absage des Unternehmens, mit der Begründung, dass die Stelle in einer anderen Stadt war und ich weiterhin hauptsächlich von Köln aus arbeiten wollte. Ich war etwas enttäuscht, trotzdem war der erste erleichternde Gedanke, der mir durch den Kopf schoss: “Juhu! Ich werde Zeit haben für einen neuen Hund!”.

Was ich aber auch realisierte: Ich wollte wirklich nicht mehr Einzelkämpferin sein. Ich hab die Selbstständigkeit und die damit verbundenen Freiheiten, Dinge selbst zu gestalten in den letzten Jahren sehr geliebt. Ich bin so glücklich über all die Menschen, die ich auf meinem kreativen Weg kennengelernt hab. Ich durfte zwei Bücher schreiben, ein Unternehmen gründen für das ich brannte. Ich lernte, dass ich mich auf mich und meine Fähigkeiten verlassen kann. Ich hab eine tolle Community aufgebaut und tolle Projekte begleitet. All das sind Dinge, über die ich sehr glücklich bin und die mich sehr dankbar und stolz machen. Aber es gab auch eine Kehrseite: Es hat mich sehr angestrengt, mich nicht mehr nur auf das Kreative konzentrieren zu können. Denn das allein reicht nicht, um von der kreativen Selbstständigkeit zu leben. Ich musste die letzten Jahre Künstlerin, Strategin, Marketingmaschine, Motivatorin, Algorithmusexpertin, Vertriebsperson, Thementreiberin, Buchhalterin und so viel mehr sein. Irgendwann hatte ich das Gefühl, ich würde online nur noch existieren, um meiner Community mein Angebot zu verkaufen. Es gibt Kolleg*innen, die das sehr erfolgreich und gut machen. Mich machte es nicht mehr wirklich glücklich. Ich wollte wieder in ein festes Team, in eine Festanstellung.

Neues Jahr, neue Wege Tweed & Greet

Diese musste allerdings meine Bedingungen erfüllen: Ich wollte ich selbst sein können in einem netten Team, spannende Inhalte, die Möglichkeit, meinen zu der Zeit noch potenziellen Hund mitnehmen zu können, eine Vier-Tage-Woche, um noch ein bisschen Zeit für kreative Projekte zu haben. Home Office Möglichkeiten und Bürotage und ich wollte flexible Arbeitszeiten. Ziemlich viele Anforderungen, ich weiß. Aber umso wichtiger war es, sie nicht zu ignorieren und darauf zu hören, was ich will. Ich suchte bewusst nach solchen Stellen. Mit der Website, die bereits für meinen Plan B stand, hatte ich nicht viel zu verlieren und ich wusste, ich brauche Geduld.

Zwischenzeitlich kam Ruby, ein neuer, sehr wilder Hund in mein Leben und Plan B schien doch die realistische Lösung zu sein. Und dann sah ich eine Stellenanzeige, bei der ich schon beim Schreiben der Bewerbung einfach das Gefühl hatte, dass es passen wird. Die Inhalte hatten Ähnlichkeiten mit Tätigkeiten, die ich noch vor meiner Selbstständigkeit hatte und trotzdem viel Bezug zu Text und Content – nach wie vor mein Steckenpferd. Ich spule ein wenig vor. Ich bekam nach zwei super netten Gesprächen im Dezember eine Zusage und nahm die Stelle für Mitte Januar an. Danach machte ich im Dezember frei. Ich machte wirklich einfach frei. Das erste Mal seit Beginn meiner Selbstständigkeit vor sieben Jahren, hatte ich danach erstmalig das Gefühl, wirklich Urlaub zu haben.

Ich nahm mir eine einwöchige Auszeit allein mit Ruby auf Langeoog und der Plan danach war es, den Jahreswechsel entspannt mit meinem Mann in Cornwall zu verbringen. Das Universum hatte andere Pläne. Meine Mutter erkrankte ganz plötzlich schwer und so brachen wir unseren Urlaub am Silvestertag ab und trafen die ganze Familie in Istanbul. Hinter uns liegen sehr intensive und anstrengende Tage. Inzwischen hat sich die Lage etwas beruhigt und meiner Mutter geht es jeden Tag ein bisschen besser. Ich bin wieder in Deutschland und komme nach dem ganzen Schrecken so langsam wieder im Hier und Jetzt an.

Morgen beginnt ein neuer Berufsalltag. Und obwohl mein Jahresstart sehr turbulent war, herrscht in meinem Kopf eine angenehme Ruhe und große Vorfreude. Ich hab alle selbstständigen Aktivitäten heruntergefahren. Das neue Kapitel kann starten. So sehr freue ich mich jetzt darauf, Teil eines Teams zu sein und Ideen weiterzuentwickeln. Einen Tag pro Woche werde ich mir weiterhin für kreative Projekte gönnen, die mir am Herzen liegen, wie diesen Blog, The Mended Closet oder meine Nähmaschine. Oder einfach mal für’s frei haben.

“Darf ich denn gratulieren?” Ist eine der häufigsten Fragen, die mir in letzter Zeit gestellt wurden, wenn ich erzähle, dass ich ab Januar in eine Festanstellung gehe. Weil es nach außen hin vielleicht wie ein Rückschritt scheint, den ich gehe. Für mich ist es ein selbstbestimmter Schritt nach vorn. Ich habe inne gehalten, losgelassen, was mir beruflich nicht mehr guttut und einen neuen Weg gefunden, der mich in Vorfreude versetzt. Ich kann nicht alles in meinem Leben kontrollieren. Aber ich kann mich um die Dinge kümmern, die ich ändern kann, wenn sie sich nicht mehr gut anfühlen. Die Antwort lautet also: “Auf jeden Fall, ich freue mich sehr!”

Neues Jahr, neue Wege Tweed & Greet

Ich wünsche euch morgen einen schönen Start in die Woche, vielleicht fängt für die eine oder andere ja auch gerade eine spannende neue Zeit an? Erzählt mir gern davon! Ich freu mich, von euch zu hören!

Liebste Grüße,

Eure Selmin

Selmin Ermis-Krohs

Als Slow Fashion & Living Enthusiastin bin ich der kreative Kopf hinter dem Blog Tweed & Greet und Co-Founderin des Kölner DIY Fashion Labels Schnittduett. Ich bin Buchautorin von zwei Nähbüchern, Fotografin, Designerin, Content Creator, Multilinguistin, stolze Hundemama und ich glaube sehr stark daran, dass wundervolle Dinge geschehen können, wenn man sich erlaubt, ein langsameres und kreativeres Leben zu führen. Mit Ideen rund um mein Steckenpferd DIY Fashion zeige ich hier neben nachhaltiger und selbstgenähter Mode, Anregungen, die euch anfeuern sollen, mehr Kreativität in den Alltag zu bringen und auch mal etwas Langsamkeit zu zelebrieren.

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10 Kommentare

  1. Antworten

    Karin

    15. Januar 2023

    Liebe Selmin, ich wünsche Dir einen wunderbaren Start in deinen neuen Job und alles Liebe und Gute für all das was da kommt. Ich freue mich mit Dir! Lieber Gruß Karin

  2. Antworten

    Moni

    15. Januar 2023

    Liebe Selmin,
    erst Mal: herzlichen Glückwunsch zu diesem neuen Lebensabschnitt 🥳 danke, dass wir dich bei dieser Reise hier auf dem Blog begleiten dürfen.

    Als einen Rückschritt empfinde ich es gar nicht, sondern es zeigt von Grösse zu seinen Bedürfnissen und Wünschen zu stehen. Egal, welche Entschuldigungen es mit sich bringt.

    Viel Erfolg beim Start im neuen Job!!

    Ganz liebe Grüße,
    Moni

  3. Antworten

    JanaKnöpfchen

    15. Januar 2023

    Liebe Selmin,
    ich wünsche dir einen wunderbaren Start in den neuen Job, nette Kolleg:innen und spannende Aufgaben und ich freue ich, weiter von dir zu lesen.
    Liebe Grüße und habe einen schönen Sonntag.
    Jana

  4. Antworten

    Elsa

    15. Januar 2023

    Liebe Selmin,
    ich finde es bewundernswert, wie gut du deine eigenen Bedürfnisse reflektiert hast und dann die Entscheidungen getroffen hast, die zu dir passen, anstatt einfach nur an dem festzuhalten, was vielleicht einmal passend schien, es aber nicht mehr ist.
    Ich wünsche dir, dass der neue Job genau das bringt, was du dir davon erhoffst!
    Liebe Grüße

  5. Antworten

    Jenni

    15. Januar 2023

    Glückwunsch, Selmin!!! Ich finds megastark, dass du auf dich selbst gehört hast und das machst, was DU willst. Ist in meinen Augen NULL Rückschritt. Wirklich, null. Ganz im Gegenteil. Ich bin schon gespannt, was du dann ab jetzt machst und freu mich einfach so für dich, dass du genau den Job gefunden hast, den du dir vorgestellt hast. Ich hoffe, das erfüllt sich auch genau so, wie du es dir vorstellst und die neuen Kolleg:innen sind super (bestimmt!). Und ich denk auch an deine Mama und hoffe, ihr geht es bald wieder besser!

  6. Antworten

    Julia

    15. Januar 2023

    Liebe Selmin, ich wünsche dir einen tollen Start auf deinem neuen Weg morgen! Ich freue mich für dich und kann beinahe jedes Wort das du schreibst ganz genau nachempfinden. Ja, die Selbstständigkeit hat Vorteile und war eine tolle Erfahrung. Ich bin ja jetzt seit Anfang Januar wieder angestellt und arbeite immer im Team – und ich freue mich einfach jeden Tag über meine Entscheidung und die Veränderung für die ich mich bewusst entschieden habe. Und dein Weg zeigt, dass du ganz wunderbar darin bist, auf dich zu hören und gute Entscheidungen für dich zu treffen. Manchmal braucht man dazu einen Umweg um genau zu fühlen was die passende Lösung ist!
    Fühl dich gedrückt! Julia

  7. Antworten

    Anonymous

    15. Januar 2023

    Liebe Selmin,
    Ich habe aller größten Respekt vor eurer mutigen Entscheidung damals mit schnittduett zu starten und es jetzt zu beenden. Ebenso kann ich gut nachvollziehen wie zufrieden du gerade bist mit der selbstbestimmten Entscheidung deine Bedürfnisse in deiner neuen Aufgabe für dich zu erfüllen.

    Ich gratuliere dir von Herzen! Hab einen wunderbaren Start!

    Weiterhin gute Besserung für Deine Mutter.

    Viele Grüße
    Sandra

  8. Antworten

    Ute

    15. Januar 2023

    Liebe Selmin, ganz herzlichen Glückwunsch zum neuen Job und gut, dass es Deiner Ma besser geht. LG Ute

  9. Antworten

    Rabea / RABEERCHEN

    15. Januar 2023

    Liebe Selmin,
    ich freue mich, dass du unserer Online-Näh-Bubble erhalten bleibst. Das ist eine Bereicherung. Auch wenn der Jahresstart für euch alles andere als schön war, muss das ja kein Richtungszeiger für das gesamte Jahr sein. Das haben die letzten Jahre mehr als deutlich gezeigt.
    Deinen Schritt finde ich ebenfalls total gut. Momentan ist viel Veränderungen und auch die letzten Jahre haben gezeigt, dass eine feste Anstelltung nicht unbedingt schlecht sein muss. Der Markt ist voll von Kreativen, die ihre Unterstützung anbieten, aber wie viele trauen sich momentan den Schritt zu gehen?! Ich arbeite ebenfalls Vollzeit in meinem Hauptberuf und weiß es mehr als zu schätzen, wenn ich diese Zeilen lese. Selbstständigkeit ist nicht immer der beste Weg. Es ist einer von vielen. Und hey, du kennst beide Seiten. Besser geht es doch nicht.
    Ich habe mich bei all den Abschieden in den letzten Monaten auch entschieden zu bleiben, auch wenn ich bei weitem nicht so viele Menschen erreichen konnte, wie ich es gerne wollte. Aber es ist das Ding mit der Leidenschaft.
    Hab einen tollen Start in den neuen Abschnitt. Dafür wünsche ich dir nur das Beste.
    Von Herzen viele Grüße,
    Rabea

  10. Antworten

    AniLorak

    15. Januar 2023

    Hallo Selmin, ich bin erleichtert zu lesen, dass es Deiner Mutter besser geht. Dur wünsche ich einen guten Start in die neue Anstellung. Ich sehe es nicht als Versageb, Scheitern sondern als eine bewusste Entscheidung von Dir. Alles hat seine Zeit und es freut mich, dass Du ein Team gefunden hast, dass Du bereichern kannst. Nur weil Frau etwas kann, muss sie es nicht machen. Änderungen sind wichtig, wenn es nicht mehr passt. Das bedarf Mut, die Richtung zu ändern, da das fälschlicherweise als Scheitern angesehen wird. Ein wunderbares Jahr!

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