Am 2. August beginnt mein sechstes Jahr an der Nähmaschine. Meine Art, zu nähen hat sich vor allem in den vergangenen zwei Jahren sehr verändert. Während ich in den Anfangszeiten froh war, wenn ein Kleidungsstück einfach aussah, wie ein Kleidungsstück, wähle ich mittlerweile Schnitte und Stoffe mit mehr Bedacht aus. Stop. Wahrheitsgetreu formuliert: Ich VERSUCHE, Schnitte und Stoffe mit mehr Bedacht auszuwählen. Pannen, wie zu enge Jeans kommen natürlich trotzdem vor und erhöhen meine Erfahrungsquote.
Auch mein Anspruch ist ganz klar: Meine selbstgenähten Stücke sollen meine Garderobe aufbauen und langfristige Begleiter sein. Ich möchte sie zu jeder Alltagsgelegenheit aus dem Kleiderschrank holen, ohne dass ich sie zu schade zum Tragen finde, weil sie selbstgenäht sind. Vor allem aber WEIL sie selbstgenäht sind und ich somit stundenlang mit der Anfertigung verbringe, ist es mir wichtig, dass sie so lange wie möglich halten – ihre Form und auch ihre Stoffbeschaffenheit. Angefangen bei der Stoffauswahl, Vorwäsche und Verarbeitung gibt es auch für die Zeit nach der Fertigstellung, einige Punkte auf die man achten kann, damit die Lieblinge aus dem Kleiderschrank so lange wie möglich Lieblinge bleiben. Ich habe heute daher ein paar Tipps zusammengestellt, die auch Chaotinnen wie mir dabei helfen, die Lebensdauer meiner Klamotten zu verlängern. Da dieser Post schon sehr lange geplant ist, freue ich mich, diese Dinge endlich aus meinem Kopf zu tippen:
Selbstgenähte Kleidungsstücke pflegen – Darauf könnt Ihr achten:
Beim Kauf
Grundsätzlich gilt, je hochwertiger ein Stoff ist, umso länger wird (bei richtiger Pflege!) die Lebensdauer sein. Achtet darauf, welche Fasern verarbeitet sind. Natürlich sind Stoffe aus hochwertigen Naturfasern wie reiner Baumwolle, Leinen oder Wolle hervorragend. Es müssen aber nicht immer Stoffe, ausschließlich aus Naturfasern gekauft werden. Denn Kunstfasern können nachteilige Eigenschaften von Naturfasern auch schön ausgleichen und sie pflegeleichter machen, wie beispielsweise schnelles Knittern. Achtet trotzdem darauf, dass bei Mischungen ein großer Anteil Naturfasern enthalten ist. Ein Wollstoff, der zu 90 % aus Acrylfaser und 10 % aus Wolle besteht, ist nix.
Stoffe aus reinem Polyester oder Acryl, also Kunstfasern, neigen schnell dazu, Knötchen zu bilden. Viscose wird aus Cellulose – Pflanzenfasern – gewonnen und chemisch hergestellt. Es ist also eigentlich eine Naturfaser, die chemisch hergestellt wird. Und ja, ich liebe es, im Sommer locker fallende Viscose zu tragen. Beim Kauf achte ich darauf, dass der Stoff nach dem Zusammendrücken mit der Hand wieder einigermaßen in seine Ursprungsform zurückkommt und nicht wie Papier zerknittert zurückbleibt.
Ich achte darauf, dass der Fadenlauf, in einer Stoffbahn gleichmäßig ist und sich keine Verzerrungen in der Struktur befinden. Nach dem Waschen können sich diese Strukturen noch mehr verziehen, das fällt gerade bei Steifen oder anderen geometrischen Mustern auf.
Könnte der Stoff beim Waschen ausbluten? Oder schnell verblassen? Wird sich die Eigenschaft des Stoffes beim Waschen verändern? Um wieviel Prozent läuft er ein? Sind solche Eigenschaften nirgends auf der Stoffbeschreibung vermerkt, fragt ruhig nach. Achtet auch darauf, ob und bei wieviel Grad ihr den Stoff waschen könnt und vor allem, ob sich diese Anweisung sich mit euren Gewohnheiten verträgt. Bist Du kein Typ, der sich Zeit für Handwäsche nimmt, solltest du keine Stoffe kaufen, die sich nur für Handwäsche oder die Reinigung eignen.
Bei der Vorwäsche
Eine Vorwäsche muss sein. Warum ich Stoff immer ganz pedantisch vorwasche, habe ich bereits vor einiger Zeit ausführlich geschrieben. Aber auch wenn ich einen Stoff vorwasche, ist es mir schon ein paar Mal passiert, das Stoffe wie Leinen oder Flanell, nachdem ich sie fertiggenäht und danach gewaschen hatte, erneut eingegangen sind oder sich verzogen haben. Je nachdem, ob ihr ein Projekt näht, bei dem es wirklich auf eine gute Passform ankommt und zum erneuten Eingehen neigenden Stoffen, lohnt es sich vielleicht, sie zweimal sanft vorzuwaschen. Better save than sorry.
Ich wasche meine Stoffe übrigens immer im Feinwaschgang, bei 30°C und höchstens einer Umdrehung von 900. Bis auf pflegeleichte Unterwäsche und Handtücher, wasche ich alle meine Kleidungsstücke auf diese Weise. Ich werfe den Stoff ungern allein in die Waschtrommel und füge sie entweder einem anstehenden Waschgang hinzu oder wasche sie mit Stoffen, die auf ihre erste Waschtour warten. Dabei achte ich pingelig darauf, dass es sich um ähnliche Farben handelt. Wie wichtig das ist, musste ich vor einem Monat, bei einem Anfall von Nachlässigkeit feststellen: Ich habe zwei neue weiße Stoffe gewaschen. Einer davon hatte dünne blau-weiße Streifen. Ich war mir so sicher, dass er nicht ausblutet. Aber: Er hat nicht nur bei sich selbst Flecken verursacht, er hat auch meinen tollen hochwertigen weißen Bio-Jersey rosa eingefärbt. Ich ärgere mich immer noch.
Beim Nähen
Achtet auch auf die Qualität eures Nähgarns. Billiges oder sprödes altes Garn das schnell reißt, hält auch das schönste Kleidungsstück nicht lang in Form. Ist Euer Stichbild sauber, ohne Fehlstiche oder Schlingen? Ich finde ja, schiefe, aber stabile Nähte kann man sich durchaus verzeihen, aber Nähte, die aufgehen, weil die Fadenspannung zu locker war oder eine beschädigte Nähnadel für ausgelassene Stiche gesorgt hat, macht ein Kleidungsstück nicht unbedingt langlebig.
Wenn Nähte nicht übernäht werden, vergesst nicht, Eure Nähte am Anfang und am Ende zu verriegeln. Und vernachlässigt es nicht die Nahtzugaben sorgfältig zu versäubern, egal ob mit eurer Nähmaschine oder Eurer Overlock. Wenn Ihr eine Overlock zum Nähen nutzt, solltet Ihr übrigens bedenken, dass das Zusammennähen nur für Strickware wirklich geeignet ist. Wer sich bei Kleidung aus Webware schöne, langlebige Nähte wünscht, sollte immer mit der Nähmaschine nähen und mit der Overlock nur versäubern. Es sei denn, ihr verfügt über eine Coverlock mit einer 5-Faden-Sicherheitsnaht, die beim Nähen noch eine zusätzliche gerade Naht vor die Overlockschlingen setzt. Dann könnt ihr auch Webware bedenkenlos damit zusammennähen.
Ich versuche immer Formband und Vlies vorrätig zu haben. Das Verstärken von Krägen, Knopfleisten und Belegen ist für mich ganz selbstverständlich. Es ist aber auch durchaus sinnvoll, bei dünnen dehnbaren Stoffen für beispielsweise T-Shirts, die Schulternähte mit aufbügelbarem Formband zu verstärken, damit sie besser in Form bleiben.
Waschen von fertiggenähter Kleidung
Weniger ist mehr. Ich versuche meine Kleidungsstücke, bis äh, auf meine Unterwäsche, mehrere Tage anzuziehen, bevor ich sie in die Wäsche werfe. Solange sie nicht riechen oder Flecken haben, kommen sie immer wieder zurück in den Schrank. Das schont nicht nur meine Kleidungsstücke sondern auch die Umwelt. Gewaschen wird im Feinwaschgang und die Wäschestücke werden auf links gedreht, um Verfusseln von anfälligen Stoffen so lange wie möglich hinauszuzögern. Denn Pilling-Knötchen entstehen bei Reibung. Daher sollten Pilling-Anfällige Stoffe auch nicht bei zu schnellen Umdrehungen gewaschen werden. Auch beim Waschmittel nutze ich sanfte Waschmittel für Feines. Ist etwas sehr empfindlich, wie mein Ogden Cami aus Seide, wasche ich es ohne viel zu reiben, mit der Hand, etwas Shampoo und kaltem Wasser. Getrocknet werden meine genähten Sachen übrigens immer an der Wäscheleine und nicht im Trockner, auch beim Trockner entsteht viel Reibung, was Knötchenbildung noch mehr begünstigt.
So, das waren sie, meine 5 Tipps, die mit wenig Aufwand dafür sorgen, das mich meine selbstgenähten Kleidungsstücke, noch länger begleiten als nur eine oder zwei Saisons. Gibt es auch Dinge, auf die ihr unbedingt versucht zu achten? Oder macht ihr manche Dinge genauso? Ich freue mich wirklich sehr über Eure Tipps und Tricks in den Kommentaren!
Ich wünsche Euch einen wunderbaren Sonntag ihr Lieben!
Liebste Grüße,
Eure Selmin
Schnitte auf den Fotos
Rechtes Kleid: Charlie Kaftan von Closet Case Patterns
Linke Jacke: Cardigan Wrapped von Schnittduett
Anonymous
Da hätte ich noch einen zusätzlichen Tip! Ich wasche meine Stoffe mit einem Schuss Essig-Essenz und je nach Farbintensität einigen Farbauffangtüchern vor. An den Tüchern sieht man nach der Wäsche oft sehr gut welchen Ärger man sich durch diese erspart hat. Essig-Essenz wird beim Färben auch zum Farbe fixieren verwendet, also schadet es nicht, die Farben bei der ersten Wäsche nochmal zu fixieren.
Vielleicht noch ein Tip zum Bügeln von Baumwolle – diese kann sehr heiß gebügelt werden, Polyesternähgarn jedoch nicht. Aus diesem Grund hab ich mir schon eine selbstgenähte Jeans zerstört. Das geschmolzene Nähgarn wird kratzig und lässt sich nur wegschneiden. Auch mit einem Trennmesser kann man da nichts mehr ausrichten.
LG
Martina
Catrin
Ein wirklich schöner, hilfreicher Artikel! Ich wasche meine Stoffe auch grundsätzlich vor, so wie ich sie später auch waschen möchte, gerade bei Kinderkleidung müssen die Stoffe eine ordentliche Wäsche aushalten, Flecken sind da vorprogrammiert. Da ich mir leider auch schon einen Stoff durch Ausbluten verfärbt habe, benutze ich immer Farbfangtücher bei der Vorwäsche!
Eine Frage habe ich noch, ist es wirklich richtig das du die Sachen auf RECHTS wäscht im fertigen Zustand, oder hast du dich da vertan, das würde für mich irgendwie keinen Sinn ergeben. Ich wasche die selbstgenähte Kleidung eigentlich immer auf links, gerade bei Teilen mit Applikationen denke ich das diese dann weniger an der Waschtrommel reiben.
Franziska
Hallo,
sehr schöne Tipps und eine gute Zusammenfassung.
Aber ich denke auch, dass dir ein Fehler unterlaufen ist beim Waschgang die Sachen auf rechts zu drehen statt auf links.
Könntest du vielleicht noch verraten welche Stoffarten du verwendet hast für beide Kleidungsstücke? Die sehen beide so toll aus.
LG, Franziska